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Stressmanagement für Sportler

  • Autorenbild: Benni
    Benni
  • 16. Feb. 2023
  • 6 Min. Lesezeit

Im alltäglichen Leben sind wir unterschiedlichsten Stressoren ausgesetzt. Sei es in der Arbeitswelt, in Beziehungen oder durch private Aufgaben und Verpflichtungen, die sogenannten "Freizeitstress" verursachen. Die Stressreaktion ist eine normale Funktion des Körpers, um den Anforderungen der Situation gerecht zu werden. Jeder kennt das Gefühl, wenn in einer Stresssituation das Herz schneller schlägt, die Hände schwitzen oder sich der gesamte Bauchraum verkrampft.

Bedenklich wird es erst, wenn die Stressreaktionen über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden und so zu chronischem Stress führen. Das Resultat: psychosomatische Erkrankungen, Libidoverlust, ein geschwächtes Immunsystem, Gedächtnisprobleme und vieles mehr.

Schon allein aus diesen Gründen sollte es in jedermanns Interesse sein, die Kompetenz im Umgang mit Stress zu verbessern und passende Tools parat zu haben.


Auswirkungen von Stress auf den Muskelaufbau:

Wie im vorherigen Absatz beschrieben, dient die Stressreaktion u.a. der Energiebereitstellung. Der Körper bereitet sich auf Kampf oder Flucht vor. Dies geschieht unter anderem durch die Ausschüttung des Hormons Kortisol aus der Nebennierenrinde. Wie du sicher weißt, handelt es sich bei Kortisol um ein kataboles Hormon. Es fördert die Glukoneogenese, bei der aus Aminosäuren der Skelettmuskulatur neue Glukose hergestellt wird, welche dann im Energiestoffwechsel wieder zur Verfügung steht.

Parallel zum Anstieg des Cortisolspiegels sinkt DHEA (Dihydroxyepiandosteron), welches ebenso in den Nebennieren produziert wird (bei Frauen zudem in den Ovarien). DHEA ist eine Vorstufe für männliche und weibliche Sexualhormone. Insbesondere das Testosteron spielt hier für Sportler eine entscheidende Rolle. Das sei aber nur nebenbei erwähnt, da die Serumkonzentration von DHEA nicht zweifelsfrei mit der Körperzusammensetzung in Verbindung gebracht werden kann.1

Dauerhafter Stress kann jedoch außerdem zu chronischen Verspannungen führen und dadurch in Haltungsschäden oder erzwungenen Trainingspausen münden.

Wirksame Werkzeuge zum Stressmanagement

Unser geliebter Sport ist selbst ein Tool, um chronischen Stress entgegenzuwirken, oder zumindest dessen schädliche Auswirkungen abzuschwächen. So konnte z.B. eine 2013 von Klaperski, von Dawans, Heinrichs & Fuchs durchgeführte Studie2 zeigen, dass die physiologischen Auswirkungen (Herzfrequenz, Speichelkortisol) eines künstlich induzierten Stressreizes bei Personen, welche regelmäßig Sport trieben, verringert waren. Jedoch sollten wir uns nicht allein auf den Sport zur Stressbekämpfung verlassen.

Schlaf und Lichttherapie

Schlaf kann als die wichtigste Funktion in der regenerativen Stresskompetenz gewertet werden. Hier werden die während des Tages angehäuften Stoffwechselprodukte effizienter verarbeitet, die Organe erholen sich und auch Lernprozesse im Gehirn laufen während der Schlafenszeit ab. Doch wenn wir dauerhaft zu hohem Stress ausgesetzt sind, leidet auch unser Schlaf. Einschlaf- und Durchschlafprobleme sind keine Seltenheit bei Menschen, die hohen Belastungen ausgesetzt sind. Deshalb sollte gerade in stressigen Lebensphasen der Schlaf in den Fokus gerückt werden.

Schlafhygiene ist seit einigen Jahren in aller Munde, weshalb hier nicht auf die gängigen Tipps, wie z.B. gleichbleibende Schlafenszeiten eingegangen werden soll.

Ein Punkt der jedoch oft vernachlässigt wird, ist die Lichtexposition untertags und nachts.

In den Stunden vor der Nachtruhe sollten wir uns nur möglichst geringen Lichtquellen aussetzen. Die Verwendung eines E-Readers mit 40Lux innerhalb von 4Std. vor dem Zubettgehen, führte bereits zu einer verlängerten Einschlafzeit und verringerte die Wachsamkeit am nächsten Morgen. Das geschieht durch die Unterdrückung unseres wichtigsten Schlafhormons, dem Melatonin.3

Anders sieht es am folgenden Morgen aus. Die Vorbereitung auf eine gute Nacht erfolgt bereits hier. Lichtexposition innerhalb der ersten Stunde nach dem Aufwachen aktiviert die innere Uhr und hilft dir somit abends schneller einzuschlafen. In den Wintermonaten mit wenig Sonne oder für Frühaufsteher lohnt sich die Verwendung einer guten Tageslichtlampe.


Kälte

Kälte wird bereits seit vielen Jahren mehr oder weniger erfolgreich eingesetzt, um die Regeneration nach einer sportlichen Belastung zu beschleunigen. Neuere Studienergebnisse stellen jedoch den Sinn von Maßnahmen wie z.B. Eisbäder nach intensiven Ausdauerbelastungen infrage.

Nichtsdestotrotz sollten Protokolle zur Kälteanwendung im Repertoire eines Sportlers nicht fehlen. Denn auch wenn die Muskelregeneration nicht verbessert wird, zeigen sich profitable Effekte auf die Psyche eines Sportlers, die nicht nur die Stressresilienz betreffen, sondern sich sogar in gesteigerter Motivation ausdrücken können.

Kurz gesagt: Der Kältereiz beim Besteigen einer Eistonne oder dem Nehmen einer kalten Dusche sorgt im Körper für die Ausschüttung der Hormone Adrenalin und Noradrenalin. Ein Anstieg dieser Hormone tritt meist zusammen mit der Ausschüttung von Dopamin auf. Die Wirkung dieses Neurotransmitters wird oft falsch verstanden. Es handelt sich weniger um ein „Belohnungsmolekül“, als vielmehr um einen starken Antreiber, sozusagen ein „Motivationsmolekül“. Dopamin vermittelt dem Gehirn das Signal, auf dem richtigen Weg zu sein. In Studien konnte gezeigt werden, dass nach einer Kälteexposition des gesamten Körpers für eine Stunde in 14 °C kaltem Wasser eine Dopaminsteigerung um 250 % erreicht werden konnte. Der Dopaminspiegel war auch bei einer Messung eine Stunde nach der Immersion noch deutlich erhöht.4

Natürlich ist es weder praktikabel noch empfehlenswert, Eisbäder von einer Stunde Dauer zu nehmen. Wenn du bisher keine Erfahrung mit gezielt eingesetzter Kälteexposition gesammelt hast, starte doch einfach damit, dass du deine Duschen mit 30 Sekunden unter kaltem Wasser abschließt. Das Wasser sollte so kalt sein, dass du den Drang verspürst, die Dusche zu verlassen, du es jedoch unter Anstrengung deiner Willenskraft aushalten kannst, ohne zu hyperventilieren. Denk hier einfach an deine Erfahrungen aus dem Krafttraining: Progression geschieht nicht über Nacht. Steigere langsam die Dauer und verringere die Temperatur nach deinen Möglichkeiten, bis du bei einer Gesamtdauer von mindestens 11 Minuten pro Woche, aufgeteilt in mehreren Sitzungen, angekommen bist.

Supplements

Wenn du zusätzlich zu den oben beschriebenen Lifestylemaßnahmen auch noch Unterstützung aus der Supplementkiste suchst, wirst du bei deiner Recherche früher oder später auf Ashwagandha stoßen. Ashwagandha konnte in mehreren Studien zu einer Verringerung des Cortisolspiegels und zu einer subjektiven Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität bei den Studienteilnehmern führen. 5

Außerdem scheint Ashwagandha die Schlafqualität zu verbessern. 6

Auch von einer Testosteronsteigerung bei männlichen Probanden wird berichtet. Ob dies eine direkte Wirkung des Ashwagandhas, oder eine Folge der Cortisolsenkung ist, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden.

Eine Dosierung von 600 mg pro Tag (Wurzelextrakt), scheint ausreichend für die beschriebenen Effekte zu sein.

Aufgrund anekdotischer Berichte, welche eine Abstumpfung nach längerer Einnahme beschreiben, wird die Einnahme in Kuren empfohlen. Nach vier bis sechs Wochen Einnahme sollte dann eine Pause von mindestens einer Woche erfolgen. Solltest du bereits vorher einen Antriebsverlust oder Zeichen von Anhedonie bei dir feststellen, solltest du die Einnahme nicht weiterführen. Es gilt wie immer: Bespreche die Einnahme aller Supplements mit einem Arzt und handle verantwortungsvoll.


Die Quick-Fix-Atemtechnik gegen Stress

Zuletzt will ich dir noch eine besondere Atemtechnik vorstellen, die sich im Englischen „physiological sigh“, zu Deutsch also „physiologisches Seufzen“, nennt.7 Bei dieser Atemtechnik handelt es sich um eine Wunderwaffe, welche dir hilft, in Echtzeit Spannungen abzubauen.

Atme für diese Technik einmal komplett durch die Nase ein. Atme anschließend noch einmal kurz durch die Nase ein, bis deine Lunge wirklich vollständig mit Luft gefüllt ist. Atme anschließend durch den Mund aus und achte dabei darauf, dass die Ausatmung länger als die beiden vorherigen Einatmungen dauert. Bereits nach ein bis drei dieser Durchläufe sollte sich ein entspannender Effekt einstellen. Der entspannende Effekt beruht auf der Verringerung des Kohlendioxidgehaltes im Blut: Stell dir deine Lungenbläschen wie kleine Säcke vor. Wenn wir gestresst sind, atmen wir nur flach und die Lungenbläschen kollabieren mit der Zeit. Durch die sehr tiefe Einatmung bei der genannten Technik werden diese Säcke wieder aufgebläht und können dadurch wieder mehr Sauerstoff in das Blut übergeben und Kohlendioxid abtransportieren. Stell dir das ganze wie einen „Reset“ deines respiratorischen Systems vor. Auch die Herzfrequenz sollte sich verringert haben, wie übrigens bei allen Atemtechniken, welche den Fokus auf eine langsamere Ausatmung (im Vergleich zur Einatmung), legen.


Fazit

Nachdem du nun einige Werkzeuge zur Stressbewältigung kennengelernt hast, liegt es in deiner Macht, diese auch einzusetzen. Natürlich kann es hier kein allgemeingültiges Rezept für jedermann geben. Die Kriterien für ein gelungenes Stressmanagement sind so verschieden, wie es die Lebensrealitäten der Menschen an sich sind. Deshalb versuche dich an möglichst vielen verschiedenen Werkzeugen und finde für dich den optimalen Weg, diese in deinen Alltag zu integrieren. Selbst wenn du dich momentan in einer eher ruhigeren Lebenslage befindest, solltest du dir die Zeit nehmen, dich vorzubereiten und zu wappnen.

Falls es dir schwerfällt, die vorgestellten Methoden regelmäßig durchzuführen, dann versuche sie zu Gewohnheiten zu machen. Nimm dir dafür eine bereits bestehende Routine in deinem Leben und knüpfe dann nahtlos das neue, gewünschte Verhalten daran. Setze für den Anfang die Einstiegshürde möglichst niedrig. So kannst du z.B. nach dem Zähneputzen für drei Atemzüge die oben beschriebene „physiological sigh“- Atemtechnik anwenden.

Ich wünsche dir viel Erfolg und Kraft bei der Erforschung der Methoden und damit deiner Selbst.



 


1 Brown GA, Vukovich MD, Sharp RL, Reifenrath TA, Parsons KA, King DSEffect of oral DHEA on serum testosterone and adaptations to resistance training in young menJ Appl Physiol.(1999 Dec)


2 Klaperski, S., von Dawans, B., Heinrichs, M., & Fuchs, R. (2013). Does the level of physical exercise affect physiological and psychological responses to psychosocial stress in women? Psychology of Sport & Exercise, 14, 266-274. doi: 10.1016/j.psychsport.2012.11.003.


3 Bedrosian, T., Nelson, R. Timing of light exposure affects mood and brain circuits. Transl Psychiatry 7, e1017 (2017). https://doi.org/10.1038/tp.2016.262


4 Srámek P, Simecková M, Janský L, Savlíková J, Vybíral S. Human physiological responses to immersion into water of different temperatures. Eur J Appl Physiol. 2000 Mar;81(5):436-42. doi: 10.1007/s004210050065. PMID: 10751106.


5 Chandrasekhar K, Kapoor J, Anishetty S. A prospective, randomized double-blind, placebo-controlled study of safety and efficacy of a high-concentration full-spectrum extract of ashwagandha root in reducing stress and anxiety in adults. Indian J Psychol Med. 2012 Jul;34(3):255-62. doi: 10.4103/0253-7176.106022. PMID: 23439798; PMCID: PMC3573577.


6 Langade D, Kanchi S, Salve J, Debnath K, Ambegaokar D. Efficacy and Safety of Ashwagandha (Withania somnifera) Root Extract in Insomnia and Anxiety: A Double-blind, Randomized, Placebo-controlled Study. Cureus. 2019 Sep 28;11(9):e5797. doi: 10.7759/cureus.5797. PMID: 31728244; PMCID: PMC6827862.


7 MacCormick, Holly (2020): https://scopeblog.stanford.edu/2020/10/07/how-stress-affects-your-brain-and-how-to-reverse-it/ [Stand: 07.01.2023].

1 Comment


evikress
Feb 18, 2023

Danke für die verständlichen und hilfreichen Informationen! Macht echt Spaß zu lesen

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