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Wie dein Mindset deinen Körper beeinflusst

  • Autorenbild: Benni
    Benni
  • 18. März 2023
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 20. März 2023

Man sitzt auf der Couch nach einem langen Tag voller Arbeit und privaten Verpflichtungen und will am liebsten nur noch seinen Kopf ausschalten und sich vom Abendprogramm berieseln lassen. Doch plötzlich kommen die Gedanken an ein vergangenes, stressiges und emotional aufgeladenes Ereignis hoch. Du spürst, wie sich dein Puls beschleunigt, bis schließlich dein Herz rast. Du fängst an zu schwitzen. Dein Blutdruck steigt und du kannst an nichts anderes mehr denken. Dein Körper ist bereit für Kampf oder Flucht. Währenddessen hast du dich keinen Millimeter bewegt.


Wenn dir das bekannt vorkommt, hast du bereits am eigenen Leib erfahren, wie deine Gedanken deinen Körper beeinflussen können. Die oben beschriebene Stressreaktion wird unter anderem durch die Botenstoffe Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol erzeugt. Wenn die Kraft der Gedanken so groß ist, wie wirkt sich das Mindset sonst noch auf den Körper aus und wie können wir das für unsere Zielerreichung nutzen? Das will ich in diesem Artikel herausfinden.


Mentales Training:

Unter dem Begriff "mentales Training" werden verschiedene Methoden verstanden, um die körperliche Leistungsbereitschaft zu steigern oder das Erregungsniveau des autonomen Nervensystems in Trainings- sowie Wettkampfsituationen zu beeinflussen.

Eine Möglichkeit des mentalen Trainings besteht darin, relevante Bewegungsabläufe für eine bestimmte Sportart gedanklich durchzugehen, ohne die Bewegungen tatsächlich auszuführen. Oft werden die komplexen Bewegungsabläufe in Teilbereiche zergliedert und schriftlich festgehalten. Die einzelnen Punkte werden dann zu einem fließenden Gesamtbild verknüpft und verbalisiert (subvokales Training), während sie vor dem inneren Auge abgespult werden.


Für Kraftsportler sind jedoch nicht nur Bewegungsabläufe, sondern auch spezifisch messbare Parameter wie beispielsweise die Kraftwerte im Bankdrücken von Relevanz.

Eine Studie von Erin M. Shackell und Lionel G. Standing1 untersuchte die Auswirkungen des mentalen Trainings auf die Kraftentwicklung des Hüftbeugers. Insgesamt wurden 30 Universitätsathleten der Sportarten Rugby, Fußball und Basketball im Zufallsverfahren einer der folgenden drei Gruppen zugeteilt:


Die erste Gruppe führte über zwei Wochen fünfmal pro Woche ein 15-minütiges mentales Training durch. Die Teilnehmer sollten sich vorstellen, wie sie an einer Maschine vier Trainingssätze à acht Wiederholungen, gefolgt von einer Minute Pause, durchführen. In jeder Trainingseinheit sollte sich eine Steigerung des Trainingsgewichts vorgestellt werden.


Die zweite Gruppe führte tatsächlich ein progressives Training des Hüftbeugers an einer Maschine durch. An derselben Maschine wurden auch die Kraftwerte vor und nach dem Studienzeitraum ermittelt.


Bei der dritten Gruppe handelte es sich um eine Kontrollgruppe, die folglich keine der beiden Trainingsarten durchführte.


Die Gruppe, die das Mentaltraining durchführte, konnte die maximale Kraft um immerhin 24% steigern. Die physische Trainingsgruppe konnte sich um 28% steigern. Bei der Kontrollgruppe blieben, wie zu erwarten, die Kraftzuwächse in statistisch relevanter Höhe aus (siehe Abb. 1).


Die Ergebnisse entsprechen denen einer ähnlichen Studie von Ranganathan et al. (2004), bei der die Kraft des kleinen Fingers und der Ellbogenflexion durch Mentaltraining signifikant gesteigert werden konnte. Die Teilnehmerzahl der Studie muss allerdings als gering bezeichnet werden. Außerdem kann durch den Aufbau der Studie keine Beeinflussung durch die Studiendurchführenden ausgeschlossen werden, denn allein die Erwartung, dass sich die Kraftwerte steigern könnten, kann tatsächlich zu einer entsprechenden Kraftsteigerung führen. Darauf wird im weiteren Verlauf des Artikels noch eingegangen.

Abb. 1: Kraftveränderungen durch mentales Training



Das Training von Bewegungsabläufen selbst stellt im Sport jedoch eine weit verbreitete und anerkannte Methode zur Wettkampfvorbereitung dar. Gerade für Trainingsanfänger könnte sich das mentale "Abspulen" von komplexen Grundübungen positiv auf die Übungsausführung auswirken und somit Verletzungen vorbeugen. Vermutlich kann allein dadurch schon nach einer gewissen Zeit das ein oder andere zusätzliche Kilogramm auf der Hantel landen.


Ernährung und Erwartungshaltung:

Wenn wir uns mit den Auswirkungen des Mindsets auf die Physiologie beschäftigen, müssen wir nicht bei der Kraftentwicklung haltmachen. In einer Studie2 untersuchten Crum et al., inwiefern die Erwartungshaltung der Probanden die Ausschüttung von Ghrelin beeinflusste, einem Peptidhormon, das eine Rolle bei der Steuerung von Hunger- und Sättigungsgefühlen spielt. Während der Ghrelinspiegel im Blut in Hungerphasen ansteigt und nach dem Essen abfällt3, konzentrierte sich die Studie auf die Auswirkungen der Erwartungshaltung auf die Ghrelinproduktion nach dem Trinken eines Milkshakes.


Die Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen unterteilt. Der ersten Gruppe sagte man, sie konsumiere einen fettarmen Diätshake mit nur 140 kcal. Der anderen Gruppe teilte man dagegen mit, es handle sich um einen kalorienreichen Shake mit 620 kcal pro Portion. Tatsächlich konsumierten beide Gruppen den exakt selben Shake mit einem Energiegehalt von 380 kcal. Um nun die Hormonantwort auszuwerten, wurden drei Messungen des Ghrelinspiegels vorgenommen: eine Messung als Baseline, eine in Erwartung des Shakes, nachdem die Probanden das irreführende Label ihres hoch- bzw. niedrigkalorischen Shakes lesen mussten, und eine Messung im Anschluss an den Konsum des Milkshakes.

Und nun wird es spannend: Man stellte fest, dass bei der Gruppe, die den hochkalorischen Shake erwartete, der Ghrelinspiegel im Blut drastisch schneller (ca. 3-mal so schnell) sank als bei der Gruppe mit dem „Diätshake“.

So konnte klar gezeigt werden, dass die Sättigung nicht nur von der zugeführten Energiemenge der Nahrung, sondern auch in starkem Umfang von der Erwartungshaltung abhängt.

Wie können wir das nun für uns nutzen? Wenn man sich in einer Reduktionsdiät befindet, scheint es von Vorteil zu sein, sich die tatsächlich aufgenommene Energiemenge vor Augen zu halten und sich nicht in ein Mindset des gefühlten Mangels hineinzubegeben.

Wer mehr zu dem Thema wissen möchte, dem sei die Podcastfolge #56 des Huberman Lab Podcasts mit Dr. Alia Crum wärmstens empfohlen.


Placebo-Effekt im Kraftsport:

Vom Placebo-Effekt hat sicher jeder schon einmal gehört. Eine für uns Kraftsportler interessante Studie wurde bereits 1972 von G. Ariel und W. Saville4 durchgeführt. Man wollte herausfinden, inwiefern die psychologische Komponente für den Kraftanstieg bei Steroidkonsum verantwortlich ist. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden nämlich keine Doppelblindstudien mit gesunden Versuchsteilnehmern im Zusammenhang mit Steroidkonsum durchgeführt.


Bei den Studienteilnehmern handelte es sich um Universitätsathleten mit zwei Jahren Erfahrung im Krafttraining. Den insgesamt 15 Teilnehmern wurde gesagt, dass ein bestimmter Anteil unter ihnen im Anschluss an eine 4-monatige Vorstudienphase das orale Steroid Dianabol mit 10 mg pro Tag verabreicht bekommen würde. Insgesamt sechs Athleten wurden für den Placeboversuch ausgewählt. Es wurden die Kraftverläufe in vier verschiedenen Übungen aufgezeichnet: Sitzendes-, Military- und Bankdrücken sowie Kniebeugen und das daraus resultierende Total. Das Training wurde an fünf Tagen pro Woche durchgeführt. Die Maximalversuche fanden an den darauffolgenden Tagen statt.


Ergebnis: Bis auf das Drücken im Sitzen konnte bei jeder Übung ein signifikant größerer Kraftzuwachs während der Placebophase festgestellt werden. So wurde z.B. beim Bankdrücken ein um 13,28 kg, beim Kniebeugen sogar ein 18,94 kg größerer Kraftzuwachs während der Placebophase im Vergleich zur Vorphase der Studie festgestellt. Allein durch die Erwartungshaltung, die die Teilnehmer an die Einnahme eines Steroids geknüpft hatten, konnte also ein messbarer Kraftanstieg verzeichnet werden.


Was machen wir daraus?:

Die vorgestellten Studien zeigen deutlich, dass der Einfluss unseres Mindsets auf die Physiologie nicht zu vernachlässigen ist. Man muss nicht zwangsläufig ein ausführliches mentales Training durchführen, um davon zu profitieren. Jedoch ist es unerlässlich, sich über seine Ziele Gedanken zu machen, die eigene Motivation zu klären und mit einem positiven Mindset an die Punkte Ernährung und Training heranzugehen. Wenn du an einer wissenschaftlich basierten Zielsetzungsmethode interessiert bist, lies doch auch meinen Artikel zur WOOP-Methode.


Wer weiß, warum er bestimmte Nahrungsergänzungsmittel einnimmt, sich an eine bestimmte Ernährungs- und Trainingsweise hält und welchen Effekt dieser Lifestyle auf seinen Körper hat, wird auch von den mentalen Aspekten profitieren und selbstbewusst seine Mission angehen.



 

1 Shackell, Erin & Standing, Lionel. (2007). Mind Over Matter: Mental Training Increases Physical Strength. North Am. J. Psychol. 9.

2 Crum AJ, Corbin WR, Brownell KD, Salovey P. Mind over milkshakes: mindsets, not just nutrients, determine ghrelin response. Health Psychol. 2011 Jul;30(4):424-9; discussion 430-1. doi: 10.1037/a0023467. PMID: 21574706.

3 Yildiz BO, Suchard MA, Wong ML, McCann SM, Licinio J. Alterations in the dynamics of circulating ghrelin, adiponectin, and leptin in human obesity. Proc Natl Acad Sci U S A. 2004 Jul 13;101(28):10434-9. doi: 10.1073/pnas.0403465101. Epub 2004 Jul 1. PMID: 15231997; PMCID: PMC478601.

4 Haupt HA. Anabolic steroids and growth hormone. The American Journal of Sports Medicine. 1993;21(3):468-474. doi:10.1177/036354659302100324



 

Abb. 1: Shackell, Erin & Standing, Lionel. (2007). Mind Over Matter: Mental Training Increases Physical Strength. North Am. J. Psychol. 9.

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